Mittwoch, Januar 09, 2013

Die unsichtbare Minderheit oder Simulation von Menschenrechten und wie man das bekämpft

Dies ist eine Übersetzung eines Artikels von Andrej Lobov, Mitglied des NGOs "Russische Schule Estlands"

Die offizielle Diskussion über Menschenrechte ist nach aussen gerichtet. So fand im Dezember 2012 in Tallinn eine Konferenz statt, die vom Institut für Menschenrechte organisiert wurde, unter der Schirmherrschaft des estnischen Präsidenten Toomas Henrik Ilves, wo die Menschenrechte in China, Russland und in den Ländern Afrikas besprochen wurden. Denjenigen, die die Aufmerksamkeit auf die Situation in Estland lenken könnten wurden spezielle Aufpasser zur Seite gestellt.

Dabei gibt es einige Bereiche der Menschenrechte, um die es bei uns bisschen besser bestellt ist. zum Beispiel wird ein "Monitoring der Geschlechtergleichstellung" durchgeführt. Es gibt eine ganze Abteilung bei dem Sozialministerium für Geschlechtergleichstellung, die von Liina Kanter geleitet wird. Man kann die erfolgreiche Arbeit der Abteilung hervorheben, vor kurzem ist es gelungen Norwegen zum Kampf gegen die Geschlechterbenachteiligung ins Boot holen. Norwegen stellt 4 Mio. Euro bereit, Estland trägt zusätzlich 15% bei.

Doch auf die Rechte der nationalen Minderheiten wird in unserem Land ein massiver Angriff ausgeführt. Der Direktor des obengenannten Instituts für Menschenrechte Mart Nutt sagte im Frühling letzten Jahres: "Wenn wir die Situation in Estland mit der Lage in anderen Ländern vergleichen, dann sehen wir dass Erscheinungen des Rassismus bei uns äußerst selten sind, wahrscheinlich deswegen, weil wir eine recht kleine sogenannte sichtbare nationale Minderheiten haben. Sichtbare Minderheiten nennt man z.B. Leute mit anderer Hautfarbe, oder die anders gekleidet sind, die man leicht auf der Strasse erkennen kann." Diese Replik Mart Nutts spiegelt ganz gut die offizielle Position Estlands auf dem Gebiet der Menschenrechte wider, eine bestimmte nationale Minderheit in Estland wird nicht bemerkt.

Was sollte man in solchen ungewöhnlichen Umständen tun, mit der unsere Gemeinde es zu tun hat? Kurze Antwort - vergleichen.

Z.B. enthält die Datenbank des Statistischen Amtes der Estnischen Republik Information über die Einkünfte von Männern und Frauen, als auch die Information über die Einkünfte von Esten und Nichtesten. Der Level der Einkünfte ist ein anerkanntes Gradmesser für existierende Ungleichheit. Denn, wenn jemand weniger Gehalt bekommt und zwar unabhängig von der Art der Arbeit, dann findet Ungleichbehandlung statt.

Die Daten über die Einkünfte in der Datenbank sind in fünf Bereiche aufgeteilt. Im ersten Bereich wird der Anteil der Menschen aufgelistet (Männer und Frauen bzw. Esten und Nichtesten) mit den niedrigsten Einkünften, weiter aufsteigend, im fünften Bereich wird die Prozentzahl der Menschen mit den höchsten Einkünften. Heute kann man die Daten vom 2003-2011 anschauen. So, um im niedrigsten Fünftel zu sein, dürfen die Einkünfte 3726 EUR im Jahr nicht übersteigen. Für das oberste Fünftel im Jahr 2011 müssen die Einkünfte mehr als 9915,7 EUR im Jahr sein.

Für das Herausfinden der Dynamik der Änderung der Situation in der bestimmten Zeitperiode auf der Grundlage der Einkünfte, betrachten wir die niedrigsten und die höchsten Einkünfte der Männer und Frauen und die Einkünfte der Esten und Nichtesten.

Das ergibt vier Tabellen:

Tabelle 1: Prozentanteil der Männer und Frauen, die die geringsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Männer 19.3 18.7 17.9 17.3 16.9 17.7 18.5 19.4 18.5
Frauen 20.6 21.1 21.7 22.3 22.6 22 21.3 20.5 21.2

Aus der ersten Tabelle kann man sehen, dass der größte Abstand zwischen Männern und Frauen im Jahr 2007 war und 5.7% betrug. Im Jahr 2011 war der Abstand 2.7%. Im Ganzen kann man sagen, dass Frauen mehr Chancen haben eine geringer bezahlte Arbeit zu haben als die Männer.

Tabelle 2: Prozentanteil der Männer und Frauen, die die höchsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Männer 21.8 21.5 21.9 22.3 22.3 21.3 22 21.1 21.5
Frauen 18.5 18.7 18.4 18 18 18.9 18.3 19 18.7

Die zweite Tabelle zeigt ebenso wie die erste, dass Männer eine größere Chance haben eine besser bezahlte Arbeit zu finden im Vergleich zu den Frauen. Hier der maximal "ungerechte" Jahr war 2007, als der Abstand 4.3% betragen hat.

Als Merkmal der Gleichstellung kann man ähnliche Prozentzahlen für Männer und Frauen sehen, oder einen "unbedeutenden" Unterschied. Das würde bedeuten, dass im Grossen und Ganzen die Männer und die Frauen gleiche Chancen haben Arbeit mit bestimmten Gehaltslevel zu finden. Im konkreten Fall sehen wir, dass Männer mehr Chancen haben eine Beschäftigung auf einer besser bezahlten Arbeit zu finden. Also gibt es in unserem Land Benachteiligung der Geschlechter.

Vergleichen wir jetzt die Situation zwischen den Esten und Nichtesten:

Tabelle 3: Prozentanzahl der Esten / Nichtesten, die die geringsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Esten 19 19.1 19.2 19.1 18.9 18.4 17.8 17.4 17.9
Nichtesten 22.1 22.1 21.7 22 22.5 23.7 25.1 26.1 25

Wie man aus der dritten Tabelle sehen kann, haben die Nichtesten mehr Chancen auf einer schlechtbezahlten Arbeit zu arbeiten. Im Jahr 2011 hat ein Viertel der Nichtesten den geringsten Gehalt bekommen, befanden sich im untersten Fünftel. Der maximale Abstand beim Verdienst war im Jahr 2010 - 8.7%. Hier kann man auch deutlich die Tendenz der Erhöhung der Prozentanzahl der Nichtesten und Verringerung der Prozentanzahl der Esten im unteren Fünftel. Das bedeutet, dass mehr Nichtesten den geringsten Verdienst anfangen zu bekommen, während die Esten Arbeitsplätze zu höherem Gehalt verschieben.

Tabelle 4: Prozentanzahl der Esten / Nichtesten, die die höchsten Einkünfte hatten:

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Esten 22.7 22.5 22.3 23.6 23.1 22.9 23.7 23.6 23.3
Nichtesten 14.2 14.3 14.9 11.9 12.8 13.2 11.4 11.5 12.1

Wie man aus der letzten Tabelle sehen kann, im Fall der höchsten Gehälter gibt es eine umgekehrte Tendenz verglichen mit der Tabelle 3. Die Anzahl der Nichtesten, die in der höchsten Gehaltsstufe waren verringerte sich in den Jahren 2003-2011. Der größte Unterschied war im Jahr 2009 und betrug 12.3%. Die Daten zeigen, dass ungefähr jeder zehnte Nichteste das höchste Gehalt bekommt, bei den Esten ist es jeder fünfte. Wenn man jetzt die Geschlechterbenachteiligung und die ethnische Ungleichberechtigung in unserem Land vergleicht, dann kann man auf der Grundlage dieser Zahlen folgende Schlüsse ziehen:

1. In Estland gibt es Geschlechter und ethnische Ungleichbehandlung
2. Die Geschlechterungleichbehandlung ist "stabil", während die ethnische Ungleichbehandlung mit der Zeit wächst - mehr Nichtesten bekommen kleinere Gehälter und weniger Nichtesten bekommen höchste Gehälter
3. Die ethnische Ungleichheit ist vielfach höher, als die geschlechtliche. Wenn bei den Einkünften von Männern und Frauen im oberen und unteren Fünfteln die Abweichung von 20% recht gering ist und 2-2.5% nicht überschreitet, nähern sich die Abweichungen bei den Einkünften von Esten und Nichtesten 10%.

Doch diese Situation ignorierend, hören wir Diskussionen über "(un)sichtbare Minderheiten". Hier können die Zahlen zu dem Instrument werden, das endlich die bestimmte nationale Minderheit bemerkbar machen würden. Die Zahlen erlauben sich von Emotionen loszulösen und man kann bequem über sie auf verschiedenen Sprachen reden, englisch und estnisch inklusive.

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