Dienstag, Dezember 25, 2012

Weihnachten 2012

das Jahr 2012 geht zu Ende, die Tannenbäume sind geschmückt, die Geschenke sind verteilt, die Weihnachtsgans liegt schwer im Magen. Zeit sich umzudrehen und sich zu erinnern, was dieses Jahr wichtig war.

Wenn ich meine 82 Posts für dieses Jahr durchschaue, dann sind folgendes die Topthemen:

Januar: Das estnische Parlament verabschiedet eine Resolution, in der Dankbarkeit denjenigen ausgesprochen wird, die für die Freiheit Estlands gekämpft haben. Der Text ist sehr allgemeingehalten, aber wenn man den estnischen Hintergrundkontext kennt, dann weiss man ganz genau wer gemeint ist und wer nicht.

Februar: Alljährliche Aufmärsche der Neonazis und Waffen-SS Veteranen in Litauen und Lettland. Dank Internet und elektronischen Petitionen wird es immer einfacher seinen Unmut zu äußern, was zahlreiche Menschen auf der Welt getan haben.

März: Massive Streiks sind ein neues Phänomen in Estland, Ärzte, Lehrer, Mitarbeiter des öffentlichen Verkehrs gehen auf die Strasse. Die Regierung mauert, sagt, dass es kein Geld gibt, doch am Ende gibt es zumindest mit den Ärzten einen Kompromiss

April: Die KAPO veröffentlicht den Jahresbericht. Politiker Kõlvart, Stalnuhhin und Toom werden darin erwähnt, was sie zu Staatsfeinden macht. Alle drei gehen vors Gericht. Yana Tooms Klage wurde mit einer abenteuerlichen Begründung in der ersten Instanz abgewiesen, sie kämpft weiter, die anderen zwei Verfahren laufen noch

Mai: Es werden 30.000 Unterschriften für den Erhalt der russischen Schulen in Estland gesammelt. Weder der Bildungsminister Aaviksoo, noch der Ministerpräsident Ansip, noch der estnische Präsident Ilves empfangen die Vertreter des Vereines der Russischen Schule Estlands, so dass die Unterschriften ihnen nicht persönlich übergeben werden können. Ebenfalls werden die Gesuche der russisch-sprachigen Gymnasien abgelehnt, weiterhin in russischen Sprache unterrichten zu dürfen.

Juni: Der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman erdreist sich in seinem Blog zu behaupten, dass der estnische Wirtschaftsaufschwung durch Sparen gar nicht so toll ist. Der estnische Präsident fühlt sich persönlich beleidigt und antwortet recht grob in Twitter. Es entspannt sich ein Duell, das aufmerksam von Massenmedien verfolgt wird. Eindeutigen Gewinner gibt es nicht, es wird sich wohl erst in den nächsten Jahren herausstellen, wer denn Recht hatte. Was auf jeden Fall klar sein sollte, dass die Erfahrung des kleinen Estlands nicht auf die Weltwirtschaftsmacht Nr. 1 USA 1:1 übertragen lassen sollte, wie es gewisse konservative Wirschaftswissenschaftler weissmachen wollen.

Juli: Estnische Bevölkerung wird immer weniger. Es sterben mehr Menschen, als geboren werden, auch ist die Auswanderung ein Topthema dieses Jahr. Es ist wie mit dem Wetter, alle reden darüber, aber niemand tut was. Der Euro hat Transparenz in Preise aber auch Löhne gebracht, so dass es klar ist, wieviel man in anderen Ländern verdienen kann. Ein anderer Trend ist die Landflucht. Die traditionellen estnischen Bauernhöfe, ein Teil der estnischen Kultur, geht verloren, man braucht nur wenige grosse Agrarbetriebe, um Estland ernähren zu können. Nur Tallinn und Tartu gewinnen Bevölkerung hinzu, alle anderen Landkreise verlieren, teilweise bis zu 40% in 10 Jahren.

August: Die europäischen Diskussionen um die Euro-Rettungsschirme werden auch in Estland heiss diskutiert. Viele Leute sehen nicht ein, warum Estland Griechenland und Co retten sollen, wo das Lebensstandard in diesen Ländern viel höher ist, als in Estland.

September: Es herrschen raue Sitten im estnischen Parlament. Yana Toom wird mit Erschiessung bedroht, ein anderer Abgeordnete macht sich über sexuelle Minderheiten lustig, alles ohne irgendwelche Konsequenzen. Die Opposition veranstaltet Marathonsitzungen, die bis spät in die Nacht dauern, um die Regierungskoalition zu zermürben und Gesetze durchzubringen, teilweise erfolgreich.

Oktober: Mehrere Korruptionsskandale erschüttern Estland dieses Jahr. In einem ist der Justizminister verwickelt, er soll einen Abgeordneten angewiesen haben, eine größere Summe Geld unbekannter Herkunft unter seinem Namen auf das Konto der Partei einzuzahlen. Die Staatsanwaltschaft hat sämtliche Korruptionsverfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt. Doch jetzt geht die Bevölkerung auf die Strassen, vor dem Sitz der Reformpartei in Tallinn und Tartu wird demonstriert. Schliesslich tritt der Justizminister Michal zurück, wobei die öffentliche Umfragen besagen, dass es viel zu spät war.

November: Die Charta 12 wird veröffentlicht und von über 20.000 Leuten unterschrieben. Bekannte Politiker, Künstler und Aktivisten Estlands verlangen eine andere Politik, Volksbeteiligung und Dialog zwischen den Regierenden und dem Volk. Als Reaktion hat der Präsident mehrere Treffen anberaumt bei denen Diskussionsgrundlagen erarbeitet werden sollen, daraus sollen dann Gesetze entstehen, die ins Parlament eingebracht werden. Unter den Eingeladenen gibt es nicht einen einzigen russisch-sprechenden. Entsprechend reserviert steht die russisch-sprachige Minderheit dem ganzen Vorhaben gegenüber.

Dezember: Alissa Blintsova und Oleg Besedin, beide Aktivisten der Russischen Schule Estlands werden beschuldigt ihre eigene Unterschrift gefälscht zu haben. Die Unterschrift stand unter dem Gesuch der Elternvertretung eines russisch-sprachigen Gymnasiums zur Erhalt der russischen Sprache. Die Staatsanwaltschaft hat noch nicht entschieden, ob ein Verfahren eröffnet wird.

Riskieren wir einen Blick in die Zukunft. Gerade zerschlagen Russland und USA sehr viel politischen Geschirr und das wird nicht ohne Auswirkungen auf EU und Estland im speziellen bleiben. Estland hat Russlands Vorschlag für die Erkundung des Meeresbodens für den zweiten Strang der Gasleitung Nordstream abgelehnt, das wird zu einer Gegenreaktion führen. Russland ist meisterhaft darin doppelte Standards überall zu finden und jede Kritik zum Thema Demokratieprobleme in Russland, wird mit dem Hinweis abgebügelt, dass es in EU der russisch-sprachigen Minderheit gibt, die staatenlos ist. Ob die EU sich diesen Problems endlich ernsthaft annimmt, steht in den Sternen.

Ich gebe der jetzigen Regierung eine 50% Chancen das nächste Jahr ohne die Neuwahlen zu überstehen. Einerseits ist die Regierung verbraucht, mehrere Minister sind in Skandale verwickelt, es fehlt an Strategie und bei der Bevölkerung hat sie keine Unterstützung, andererseits ist es klar, dass bei den Neuwahlen zur Zeit die Opposition klare Mehrheit hat und falls nicht die Zauberwaffe E-Wahlen zum Einsatz kommt (ich traue das den jetzigen Politikern absolut zu), dann wird ein Machtwechsel stattfinden. Nun bedeutet ein Machtwechsel, dass recht viele Leute ihre warmen Posten und Pöstchen räumen müssen, was ihnen überhaupt nicht schmecken wird. Deswegen wird die Koalitionen alles tun, um keine Neuwahlen stattfinden zu lassen. Vielleicht werden wir noch mehrere Ministerrücktritte erleben, vielleicht muss sogar Ansip persönlich zurücktreten, aber die Regierungskoalition wird sich an die Macht krallen.

Einen Namen, den man sich merken sollte, ist Kaja Kallas, die Tochter des Eurokommissars Siim Kallas, eine gelernte Juristin, die gerade von den Massenmedien in Stellung gebracht wird. Wahrscheinlich ist sie für wichtige Positionen vorgesehen, sie ist unverbraucht, in kein Skandal verwickelt und wird nach dem Motto eingesetzt: Wenn nichts mehr hilft, nehmen wir eine Frau.

Für den Kampf um die russisch-sprachigen Schulen sehe ich schwarz. Nur bei einem baldigen Regierungswechsel hat die Reform eine Chance zurückgenommen zu werden, ansonsten wird das Bildungsministerium alles tun, damit alle Schulen früher oder später auf Estnisch als Unterrichtssprache umgestellt werden. Der juristische Kampf ist schön und gut, aber selbst wenn das Europäische Gericht für Menschenrechte sich der Klage annimmt, dauert es mehrere Jahre und dann ist die Macht des Faktischen da, es werden keine Lehrer, keine Lehrbücher und keine russischen Unterrichtspläne mehr geben.

Aber das ist ja das Spannende an der Zukunft, dass es ganz anders kommen kann, deswegen lassen wir uns überraschen.

Ich möchte mich bedanken und wünsche meinen Lesern, Kommentatoren, Verlinkern, Unterstützern Frohe Weihnachten und ein schönes, glückliches neues Jahr 2013.

Euer kloty

Donnerstag, Dezember 13, 2012

Es wird wieder Zeit Gutes zu tun

Das Jahr 2012 ist bald vorbei, noch sind viele im Stress, den Jahresabschluss zu machen, die Geschenke zu kaufen, die Weihnachtsfeiern heil zu überstehen. Aber wir dürfen auch nicht diejenigen vergessen, die nicht so viel Glück haben, die in Kinderheimen leben und demnächst ins Erwachsenenleben schreiten werden.

Letztes Jahr habe ich aufgerufen für die Aktion "Ready For Life?" zu spenden. Es geht darum, die Jugendliche zu unterstützen, die demnächst das Kinderheim verlassen werden, ihnen beizubringen unabhängig zu sein und das Leben zu meistern (Zeit-, Geld, und Arbeitsmanagement).

Dieses Jahr möchte ich die Aktion gerne wiederholen. Diejenigen, die kein estnisches Konto haben und denen die Überweisung nach Estland zu viel kostet, kann ich anbieten, dass sie das Geld auf mein deutsches Konto überweisen und ich die entsprechende Summe von meinem estnischen Konto für das Kinderheim überweisen werde, selbstverständlich mit Beleg. Bitte schreibt mir an kloty@me.com.

Für diejenigen, die direkt das Geld überweisen möchten, hier sind die Kontaktdaten:

Kontonummer  10220066777011
Referenznummer 5247050050050229
Zweck: TUGIISIKU PROJEKT (bitte den Zweck angeben, damit der Betrag für das richtige Projekt ausgegeben wird)

Mehr Information über das Projekt kann man bei Ingrid Tiido (email: ingrid.tiido@tallinnalastekodu.ee) bekommen.

Die Spende ist nicht von der deutschen Steuer absetzbar, es wird keine Spendenquittung geben.

Hier ist meine Überweisung, ich hoffe es werden noch mehr Leute mir folgen.

Ich wünsche meinen Lesern schon jetzt Frohe Weihnachten und Häid jõule!

Vier Fragen an den Präsidenten

Toomas H. Ilves
President of the Republic of Estonia

Mart Nutt
Member of Advisory Board of Estonian Institute of Human Rights

Dear Mr. President,

Dear Mr. Member of the Board of Estonian Institute of Human Rights,

Thank you for the invitation to take part in the conference "New Challenges for Human Rights", which was held in Tallinn on December 10, 2012, the International Human Rights Day, and was organized by the Estonian Institute of Human Rights.

Despite the fact that I, as well as three other members of our organization who have received an invitation from you, were notified on behalf of the Institute on the eve of the event that our names were missing from the list of invitees, I was still allowed to participate in the meeting.

I am grateful for that to the executive director of the Institute, Ms. Aet Kukk, who not only allowed me to attend, despite the absence of my name on the guest list, but who also appointed a sort of "assistant", who, in every sense of the word, did not leave me for a moment and preferred to stand next to me even when I was giving an interview to the media or talking with other participants.

The conference theme is very important in today's changing world. Unfortunately, none of the speakers had said anything about human rights challenges in Estonia itself. They talked about the problems in the Arab world, Africa, China, India, Russia and other countries. Such problems are definitely there, and it was right to talk about it, but to not say a word about the situation in the host country is nonsense and impossible situation for any human rights conference, especially the one devoted to such an important topic!

Moreover, my attempts to ask the speakers about what they think of the situation with human rights in Estonia were thwarted by the moderator of the last session of the conference, Mr. Hannes Hanso. The format of the conference did not provide for any other possibilities to speak up.

Thus, the participants got the impression that everything is perfect with the human rights situation in Estonia, and this is a free country that is at the peak of the struggle for human rights around the world.

Because I believe that there still are problems with human rights in Estonia, and because I was not given the opportunity to get more information directly from the speakers, not to mention the opportunity to be a speaker, I address my questions to you and hope that you, despite your busy schedule, will provide the answers:

1. Is it true that the Estonian legislation regards as minorities only citizens of the Estonian Republic and does not include in this category non-citizens that permanently reside in Estonia (a unique category of permanent residents, available only in Estonia and Latvia) and citizens of other countries? Meanwhile, your country has more than 200,000 residents - members of national minorities who are not citizens of Estonia and de jure are withdrawn from the application of the Estonian legislation that guarantees the rights of national minorities. Furthermore, they are not covered under the recommendations of international organizations, such as The Framework Convention for the Protection of National Minorities, the European Convention against Racism and Intolerance, etc. In my opinion this "trick" allows to not apply the rules of law and the recommendations of the Council of Europe in areas with large numbers of minority residents. For example, in Narva, where de facto minorities represent more than 80% of the population, de jure there are less than 50% of representatives of the non-titular nations. As a consequence, the provisions of the law on the rights of minorities are not met in Narva, while, on paper, everything is legitimate.

2. How do you explain the active reluctance on part of the government to let Russian language schools teach in Russian, if the boards of trustees of such schools and the municipality have expressed a desire to do so? Does this mean discrimination of Russian-speaking people in the country? Why some initiators of the campaign for the Russian language in those schools (Alice Blintsova, Oleg Besedin) have criminal cases opened against them, although the charges do not hold water? Why do many of the activists in defense of Russian language schools have suffered from discrimination in the workplace, in particular, Alice Blintsova, who fights for the right for her child to learn in school in the native language, was fired from her doctorate job? Why the Security Police of Estonia (Security Police) intervenes in this case and puts blatant pressure on school principals?

3. How do you feel about the campaign to glorify Nazism in Estonia? I am talking about the annual meetings of SS veterans and people sharing the Nazi views from all over the world. These meetings have the status of public events and are widely used for glorification of the members of military units of Wehrmacht and SS, and to incite hatred against the Russian-speaking population.

4. What is your opinion about the annual publications by the Security Police of the List of people are dangerous to the constitutional order of Estonia? Do not you think that an element of pressure on the community from the side of intelligence of your country? Do you agree with the fact that in reality the publication of a list of so-called "enemies of Estonia" in the yearbook Capo is an attempt to discredit the opposition by the secret services and the signal for the start of the public campaign against them. So, at different times in the lists were the leaders of the opposition MPs Yana Toom and Michael Stalnuhin, Deputy Mayor of Tallinn Michael Kylvart who experienced problems after that in his political and social activities.

I am confident that you, gentlemen, are aware of these facts and will be able to give quite competent answers to these questions.

With kind regards and best wishes,

Valery Engel, Ph.D.
First Vice-President
of the IHRM "World without Nazism"

December 13, 2012.

Mittwoch, Dezember 12, 2012

Menschenrechte und Menschenrechte

Am Montag fand in Tallinn eine schon traditionelle Konferenz des Estnischen Instituts für Menschenrechte (keinesfalls zu verwechseln mit Informationszentrum für Menschenrechte von Aleksej Semjonov) statt. Normalerweise findet diese Konferenz ausschliesslich von Esten für die Esten statt, gelegentlich kommt der US-Botschafter vorbei, um über die Menschenrechtslage in Libyen und Afghanistan zu referieren. Die Schirmherrschaft übernimmt der estnische Präsident persönlich.

Doch dieses Jahr wunderten sich solche Leute, wie Josef Koren vom Lettischen Antifaschistischen Komitee, Johan Bäckman von Finnischen Antifaschistischen Komitee und Valerij Engel von Welt ohne Nazismus aus Russland, als sie eine Einladung zur Konferenz bekommen haben, die vom estnischen Präsidenten höchstpersönlich unterschrieben war. Ganz besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass man Koren und Bäckman früher schon die Einreise nach Estland verweigert hat, da sie zu Feinden des estnischen Staates zählen. Kurz vor der Konferenz kam noch einе E-Mail von einer Assistentin des Instituts für Menschenrechte, dass Engel nicht auf der Gästeliste steht, daraufhin schickte er die Einladung und dachte, dass es einfach ein Missverständnis gewesen ist.

Doch es scheint kein einfaches Missverständnis gewesen zu sein. Koren und Bekman konnten aus privaten Gründen nicht anreisen, doch als Engel die Konferenz besuchen wollte, wurde ihm der Eintritt verweigert. Erst nach längeren Diskussionen und Medienpräsenz konnte Engel den Konferenzsaal betreten, ihm wurde ein Aufpasser zur Seite gestellt und keine Kopfhörer mit der englischen Übersetzung, was auf einer estnischen Konferenz für einen Ausländer fatal ist. Engel hat eine längere Präsentation über die Verletzungen der Menschenrechte in Estland vorbereitet, das einzige was man ihm gestattet hat, war eine Frage an Präsident Ilves, als der sagte, dass man für Worte nicht hinter Gitter kommen darf, selbst wenn es sich um Hetze handelt (sehr amerikanische Sichtweise). Die Frage handelte von dem Prozess über dem linken litauischen Politiker Paleckis, der wegen eines Satzes vor Gericht gestellt wurde. Erwartungsgemäß gab es keine Antwort.

Selbstverständlich wurden keine russischen Menschenrechtsschützer aus Estland zu der Konferenz eingeladen. Die Einladung an sich, erklärt Engel, dass wahrscheinlich die OSZE einen gewissen Druck auf die Veranstalter ausgeübt hat, auch Leute mit anderen Sichtweisen auf die Menschenrechtssituation in Estland einzuladen. Doch nachdem diese Leute sich tatsächlich registriert haben, wurden sie von den Gästelisten gestrichen.

Fazit Engel: Estland ist ein demokratisches Land, nur will es nicht das Thema der Menschenrechte in Estland diskutieren.

Donnerstag, Dezember 06, 2012

Die neuesten Nachrichten aus dem Baltikum

Der estnische Justizminister Kristen Michal hat endlich die Konsequenzen aus der Korruptionsaffäre gezogen und ist zurückgetreten. Damit es zu diesem Schritt kam bedurfte es mehrere Demonstrationen vor den Parteisitzen der Reformpartei in Tallinn und in Tartu, dutzende Zeitungsartikel, selbst der Präsident äußerte den Wunsch, dass der Justizminister seinen Posten räumen soll. Ob die Affäre noch weitere Kreise ziehen wird, die Reformisten wieder stark werden und wer der Nachfolger wird, bleibt abzuwarten. Ebenfalls bleibt abzuwarten, ob nicht demnächst weitere Rücktritte fällig werden, zum Beispiel vom Wirtschaftsminister Juhan Parts, der für mehrere falsche Entscheidungen bei der Wirtschaftspolitik Estlands verantwortlich war und deswegen mehrere hundert Millionen Euros verpulverte. Nicht auszuschliessen ist es, dass bei der Vergabe von einem Auftrag zum Bau von Kraftwerken im Wert von 650 Mio. EUR Schmiergelder geflossen sind.

Eine weitere Fehlentscheidung wurde heute gefällt. Estland verweigert dem Nordstream-Konsortium Untersuchungen in seinen Gewässern für den Bau einer zweiten Gaspipeline. Somit wird wohl wieder Finnland zum Zug kommen, was den Bau unnötig erschwert und verteuert, aber nicht verhindert. Die Begründung für die Verweigerung: Während der Untersuchungen könnte man auf Bodenschätze stoßen und man will nicht, dass diese Entdeckung eine fremde Macht für sich in Anspruch nimmt. Offensichtlich hat man immer noch Hoffnungen auf Öl in der Ostsee zu stossen.

Heute morgen hat die lettische Sicherheitspolizei die Wohnungen von Vladimir Linderman, Illarion Girs durchsucht und sämtliche Computer und Datenträger beschlagnahmt. Linderman ist ein bekannter Infant terrible der lettischen Gesellschaft. Er war Mitbegründer der National-Bolschewistischen Partei Lettlands, kämpfte für den Erhalt der russischen Schulen in Lettland, initiierte einen Volksentscheid zur russischen Sprache als zweite offizielle Staatssprache in Lettland. Sein neuester Projekt ist eine Autonomie für Lettgallen zu erreichen. Lettgallen liegt im Osten von Lettland und hat bei dem Volksentscheid die höchsten Werte für die russische Sprache eingefahren. Deswegen ist der Autonomiegedanke nach dem Vorbild Spaniens evtl. mehrheitsfähig. Jetzt wirft man Linderman und Girs vor, dass sie den Artikel 83 des Strafgesetzbuches "Aufruf zur Zerstörung der territorialen Einheit" verletzen würden. Die Sicherheitspolizei ist für Linderman nichts neues, seine einzige Sorge war, dass man ihm kein Sprengstoff während der Durchsuchung unterschiebt, wie er schon einmal vor dem Gericht bewiesen hat. Das Ziel der Durchsuchung war wohl die Durchführung einer Konferenz am 8. Dezember in Daugavpils zu verhindern. Ob dieses Ziel erreicht wurde, wird man sehr bald sehen. Interview mit Linderman und Girs kann man hier nachlesen.