Montag, April 26, 2010

Dritter Jahrestag der Bronzenen Nächte

In Estland kamen einige Mitglieder des nun stark reduzierten Notschnoj Dozors zum Tõnismägi, wo der Bronzene Soldat vor seiner Überführung an den Soldatenfriedhof stand. Anschliessend gingen die Menschen zum Platz, wo der junge Russe Dmirtij Ganin getötet wurde und zündeten dort Kerzen an.

Aber auch in Deutschland wird an die Ereignisse in Tallinn vor drei Jahren gedacht. In Erfurt fand im Zentrum für Integration und Migration (ZIM)
eine Veranstaltung statt, bei der zwei Dokumentationen über die Demontage des Denkmals und die politisch-gesellschaftliche Hintergründe gezeigt wurden mit einer anschliessenden Diskussion.

Dabei wurde folgender Aufruf mit der Bitte zur Unterzeichnung verteilt:

Karl Krugmann D-99086 Erfurt, den 26.04.2010
Ernst-Toller-Str. 4

1. Estnische Botschaft, Berlin, mit der Bitte um Kenntnisnahme und
S.E. Herrn Botschafter Dr. M.Laanemäe Weiterleitung an die zuständigen Stellen in Estland
2. Auswärtigen Ausschuss des BT mit der Bitte um Kenntnisnahme und Befassung
3. MdEP Frau Gabriele Zimmer mit der Bitte um Kenntnisnahme und Weiterleitung an die zuständigen EU-Organe
4. Zeitung Junge Welt mit der Bitte um Kenntnisnahme und Veröffentlichung
5. Zeitung Neues Deutschland mit der Bitte um Kenntnisnahme und Veröffentlichung
6. Paper Molodesch Estonii With request for notice and publication
7. Paper POSTIMEES With request for notice and publication
8. Paper Eesti Päevaleht With request for notice and publication
9. Paper VESTI With request for notice and publication
10. Paper SL Ohtuleht With request for notice and publication
11. MEP Mrs. Tatjana Zdanoka With request for notice and processing


Protestschreiben – Letter of Protest

Der Erstunterzeichner dieses Schreibens war Augenzeuge der Ereignisse im Zusammenhang mit der regierungsseitigen gewaltsamen Umsetzung des sowj./russischen Kriegerdenkmals „Bronzener Soldat“ in Tallinn im April des Jahres 2007 und der massenhaften eklatanten Verstöße gegen die anerkannten Menschen- und Bürgerrechte durch die estnischen Sicherheitskräfte, die ihren traurigen Höhepunkt in den Prügelorgien im „D-Terminal“ im Tallinner Hafen gefunden hatten, darunter als schmerzhaft Betroffene auch die in Tallinn lebenden beiden deutschen Staatsangehörigen Klaus und Lucas Dornemann (Vater und Sohn). Außerdem hat er auch an mehren Gerichtstagen dem Prozess gegen die „vier Anstifter“ in Tallinn beigewohnt und kennt die von den Staatsanwältinnen erhobenen haltlosen Anschuldigungen. Insofern waren die Freisprüche „in allen Punkten“ durch die Richterin Frau Violetta Kiwask im Jan. 2009 zwangsläufig und eine Sternstunde für eine unabhängige Justiz, die sich von ihrer Regierung nicht unter Druck hat setzen lassen.

Wir Unterzeichner in Deutschland protestieren am 3. Jahrestag dieser Ereignisse dagegen, dass es in Estland bis zum heutigen Tag keine Verurteilungen der staatlichen Übeltäter gegeben hat, aber dafür zu Hauf staatliche Belobigungen und Auszeichnungen für die Polizei.

Zu verurteilen ist insbesondere, dass den estnischen Strafverfolgungsbehörden bis heute der ausdrückliche Wille fehlte, die/den Täter des Mordes an dem Studenten Dimitry Ganin zu ermitteln und einer gerechten Strafe zuzuführen. Warum wurden zudem die Rettungskräfte zu spät, um zügig Rettungsmaßnahmen einleiten zu können, erst mit einer Stunde Verzögerung tätig? Statt dessen wurde in der Vergangenheit mit großem Aufwand und Akribie versucht, mit an den Haaren herbeigezogenen Anschuldigungen den ethnischen Russen Dimitry Linter, Maxim Reva, Dimitry Klenski und Mark Sirik als „Anstifter“ die Schuld für die Ausschreitungen durch Vandalen in die Schuhe zu schieben. Die auf Entfernung des Denkmals auf Teufel-komm-raus gerichtete Politik des Premierministers Andrus Ansip brauchte eben Sündenböcke, um so von den schwerwiegenden eigenen Fehlern bei der obsessiven Verfolgung seines Wahlversprechens abzulenken.

Die durch die Ausschreitungen im Anschluss an die Polizeiaktionen am Tönismägi durch Vandalen geschädigten Eigentümer von Geschäften sollen mit ca. 1.6 Mio. Euro zügig entschädigt worden sein. Wo bleiben die Entschädigungszahlungen wegen erlittener Körperschäden für die Polizeiopfer? Wir hoffen auch, dass die vor dem Europäischen Gerichtshof für die Verletzung von Menschenrechten anhängigen neun Verfahren jetzt zügig mit einer Verurteilung der Republik Estland zum Abschluss kommen.

Das im übrigen Europa seit den April-Tagen des Jahres 2007 von der informierten EU-Öffentlichkeit gewonnene negative Bild Estlands wird in diesen Tagen dadurch abgerundet, dass der estnische Justizminister Rein Lang in das Parlament einen Gesetzesentwurf eingebracht hat, nach welchem die Journalisten verpflichtet werden sollen, zukünftig ihre Informationsquellen den Strafermittlungsbehörden preisgeben zu müssen. Dieser Maulkorb ist ein fundamentaler Angriff auf die Pressefreiheit in Estland und somit auf die demokratischen Grundstrukturen von ganz Europa. Daher dürfen den EU-Bürgern und EU-Mitgliedsstaaten des „alten Europas“ die Vorgänge nicht gleichgültig sein. Sie stellen keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Estlands dar.

Keine Kommentare: