Dienstag, Juli 28, 2009

Sinimäe, 26.07.09

Vergangenes Wochenende fand die alljährliche Versammlung der Veteranen der Waffen-SS in Sinimäe (Estland) statt. Dieses Jahr wurde das 65. Jubiläum der Kampfhandlungen gegen die Rote Armee bedacht, deswegen kamen mehr Teilnehmer als üblich (die Zahlen schwanken zwischen 400-1500). Neben den estnischen Veteranen, Parlamentsabgeordneten Trivimi Velliste und Mitgliedern der estnischen Armee, nahmen auch Vertreter aus anderen baltischen Ländern, Holland, Norvegen, Dänemark und sogar Georgien teil. Die Organisation hat eine Jugendorganisation "Club der Freunde des Estnischen Legions" übernommen, für Nachwuchs ist also gesorgt. Das Gelände wurde gesperrt, nur eingeladene Personen hatten Eintritt, Journalisten aus Russland werden nicht durchgelassen, die Bewachung übernimmt neben der estnischen Polizei, eine privates Sicherheitsunternehmen.

Die Protestveranstaltung der antifaschistischen Organisationen aus Estland, Lettland und Finnland, bei der sich die Protestierenden als KZ-Häftline verkleidet haben und mit Schildern an die Geschehnisse im KZ Klooga erinnern wollten, wurden von der Polizei daran gehindert. Mehrere Teilnehmer aus Lettland wurden festgenommen und als unerwünschte Personen vom Grenzschutz nach Lettland zurückgebracht.

Gemeinsame Erklärung der baltischen Antifaschisten

Jährlich werden in Estland Versammlungen ehemaliger SS-Mitglieder abgehalten, Kollaborateure, die während des zweiten Weltkrieges auf der Seite der Hitler-Armee gekämpft haben, die der Welt und Europa millionenfache Opfer und Zerstörungen gebracht hat. Kein Land der Welt erlaubt oder begrüßt solche Versammlungen auf seinem Territorium, nur in Estland und Lettland mit dem schweigenden Einverständnis der Regierung und ihrer Gleichgesinnter, mehr noch, mit der Teilnahme der Vertreter der Exekutive sind solche Veranstaltungen erst möglich geworden.

Diese Feier, die nicht nur Veteranen der SS-Kräfte, sondern auch alle Anhänger der nazistischen und neonazistischen Ideologien aus verschiedenen Ländern anziehen, wurden ein Infektionsherd der für die Welt und Menschheit todgefährlichen Ideen.

Die UNO-Generalversammlung hat in ihren Resolutionen mehrfach diese Länder aufgerufen, solche Versammlungen nicht zuzulassen. Doch ignorieren die Regierungen Estlands und Lettlands die Resolutionen dieser mächtigen Organisation. Umgekehrt versucht die estnische Exekutive tüchtig die Aktivitäten der antifaschistischen Organisationen zu verhindern, die gegen die Durchführung von Festivitäten, die die nazistische Vergangenheit feiern, vorgehen.

Die Aktivisten der antifaschistischen Bewegungen aus Nachbarländern werden a priori als Personen "non grata" erklärt, die den estnischen Staat bedrohen würden und werden aus dem Land abgeschoben. Die Regierung Estlands schafft es in die "schwarze Schengen-Liste" (SIS) Bürger der Schengen-Zone einzutragen, die hier geboren sind und ständigen Wohnsitz haben. Dies ist nicht nur eine Verletzung der Bürgerrechte und Freiheiten, sondern auch des Schengen-Abkommens, das für die Teilnehmer-Länder verpflichtend sind. Die Aktivisten der antifaschistischen Bewegung Estlands werden ständigen Repressionen und Verfolgungen ausgesetzt.

So wurden auch in diesem Jahr unbegründet, wegen "Personenkontrolle", die Aktivisten der Bürgerbewegung "Notchnoj Dozor" und Mitglieder des finnischen antifaschistischen Komitees festgehalten, obwohl sie legale, über jeden Zweifel erhabene estnische Dokumente vorgezeigt haben, die lettischen Antifaschisten wurden einfach des Landes verwiesen.

In ihren Pressemitteilungen bezeichnen die Leiter des estnischen Innenministeriums die Aktivisten der antifaschistischen Bewegung nicht anders als "Extremisten", obwohl keiner von ihnen weder in ihrem eigenen Land, noch auf dem estnischen Gebiet sich hat was zuschulden kommen lassen, die Organisation "Notchnoj Dozor" wurden von der höchsten Instanz des Estnischen Gerichts komplett freigesprochen.
 
Gleichzeitig erzeugt die estnische Exekutive für die aus ganz Europa auf die SS-Versammlungen angereisten Neonazisten mit allen Kräften ein "Klima der größtmöglichen Unterstützung". Niemals wurde auch nur ein Neonazi, die offen Rassenhass sähen und "die herrliche Nazi-Vergangenheit" propagieren, festgenommen.

Wir finden, dass solche Versammlungen von Nazi-Anhängern in Estland auf Sinimäe, als auch der Marsch der Legionäre im Zentrum von Riga, die Verherrlichung der Nazisten in den Augen der jungen Generation in Estland, eine Gefahr für die Stabilität dieser Länder darstellt und die Werte auf denen eine moderne, tolerante, europäische Gemeinschaft basiert, untergräbt.

Wir erklären, dass die Aktivitäten der estnischen Exekutive gegen unsere Aktivisten ein Verbrechen ist und den menschlichen Grundrechten widerspricht. Die Zusammenstellung der "schwarzen Listen" durch das estnische Innenministerium und die nachfolgende Deportation aus Estland von Personen, die dem regierenden Regime nicht genehm sind, ist ein Erbe des Totalitarismus.

Wir, die Einwohner der Europäischen Union wenden uns an das Europäische Parlament mit der Bitte die Fakten der Heroisierung der Naziverbrecher in Estland und Lettland, die verbrecherischen Versuche der Geschichtsverzerrung und Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges und der Fakt der Deportation der EU-Einwohner aus einem EU-Land für ihre antifaschistische Aktivität, zur Kenntnis zu nehmen.

27 Juli 2009

Mitvorsitzender des Lettischen Antifaschistischen Komitees Josif Koren

Geschäftsführer des Arnold Meri estnischen antifaschistischen Komitees Andrej Zarenkov

Vorsitzender des Antifaschistischen Komitees Finnlands Johan Bekman

Mitglied des Führungsgremiums der Organisation Notchnoj Dozor Maksim Reva

Mitglied des Führungsgremiums der Organisation Notchnoj Dozor Dmitrij Linter





Mittwoch, Juli 22, 2009

Was für einen litauischen Russen gut ist, ist nicht so gut für den estnischen

Von Andrjus Kaluginas, BaltInfo
 
In der letzten Zeit spricht man in den baltischen Ländern viel über das Problem der Integration der russisch-sprachigen Bevölkerung in das Leben der Länder. In dieser Beziehung gibt es in allen drei Ländern gemeinsame Tendenzen, aber auch prinzipielle Unterschiede.

Der größte Level der Integration der russisch-sprachigen Bevölkerung in die lokale Umgebung ist in Litauen. Hier erzeugen die Russen, die sich um die Erhaltung ihrer kulturellen Identität sorgen, praktisch nie Gegensätze zu Litauern, ja öfters unterscheiden sie sich kaum von ihnen. In Lettland sind die Russen bereit zur Kooperation und offenem Dialog mit den Letten. Gleichzeitig kann man in Estland bei ihnen völlige Ablehnung, und teilweise offene Konfrontation mit Esten beobachten.

Russen in Litauen und Lettland nehmen vollwertig an dem Leben des Landes teil, wenn auch in unterschiedlichen Bereichen. In Estland ist der Level der Integration sehr niedrig. Das merkt man an den gesellschaftlichen Debatten und in alltäglichen Situationen. Eine typische Situation, die ich in Baltikum beobachtet habe: wenn auf der Strasse in Vilnus zu den zwei miteinander auf Russisch sprechenden ethnischen Russen ein Litauer dazustösst, wird das Gespräch fast immer ohne Probleme auf Litauisch weitergeführt. In ähnlichen Situation in Riga wird der Lette ins Russische wechseln und das Gespräch geht auf Russisch weiter.

In Tallinn ist die russische Sprache unter den Esten wenig verbreitet und zu den zwei auf Estnisch Sprechenden, wird ein ethnischer Russe eher überhaupt nicht dazustossen. Genauso wird ein Este russisch-sprechende Leute auf den Strassen von Narva nicht ansprechen. In diesem Sinne bezeichnend war die Situation, die ich in einem Bus St.Petersburg - Tallinn beobachtet habe. Unter den Reisenden war eine Ausflugsgruppe von Schülern aus Estland, die sich demonstrativ in zwei Lager aufgeteilt hatte - Russen und Esten. Den ganzen Weg lang haben die Jugendliche aus beiden "Clans" böse einander angemacht, jeder in seiner Sprache. Über einen gemeinsamen Austausch von Eindrücken aus Petersburg konnte keine Rede sein. Das heisst im normalen Leben in Lettland und Litauen betrachten sich die Russen und die titelgebende Nationen als Mitglieder einer Gemeinschaft. Das kann man über Estland nicht behaupten, hier gibt es nicht nur strikte Abgrenzung, sondern auch eine prinzipielle Opposition. Russen und Esten nennen einander "die" und verstecken ihre Ambitionen nicht, die teilweise zu Hochmut werden.

Die Mehrheit der ethnischen Russen in Estland lernt aus Prinzip weder die Staatssprache Estnisch, noch die Kommunikationssprache Englisch. Im Süd-Osten des Landes sind diese Sprachen kaum notwendig (dort leben fast nur Russen) und diese Region zu verlassen haben die Einwohner weder den Wunsch noch die Möglichkeit. Auf die Frage über die sprachlichen Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit der Esten, sagt man hier: "Das ist ihr Problem". Und Geschäfte treiben sie entweder zwischeneinander oder mit Russland.

Im gesellschaftlichen Zusammenleben ist der Level der Integration der russisch-sprachigen mit den titelgebenden Nationen in Lettland und Litauen auch recht hoch - im Gegensatz zu Estland. So gab es zum Beispiel in Riga und Vilnus während der Krawallen neben der Parlamentsgebäuden keine ethnischen Unterschiede. Die Leute haben gemeinsam ihre Unzufriedenheit mit der Sozial- und Wirtschaftspolitik ausgedrückt, denn: "Das geht uns alle an, das ist unsere Sache!" In Estland haben an den Protestaktionen während der "Bronzenen Nacht" ausschliesslich die Russen teilgenommen, ohne die Unterstützung durch die Esten. Auf den Strassen und von den Fernsehschirmen sagten die Esten: "Das ist nicht unsere Sache". 

Den Level der Integration der ethnischen Russen in das politische Leben der drei baltischen Länder haben die vor Kurzem durchgeführten Wahlen ins Europäische Parlament gezeigt. In Estland haben die Vereinigte Linke Partei und die Russische Partei Estlands, die die russische Wählerschaft vertreten haben, weniger als ein Prozent der Stimmen bekommen. Den "estnischen" Russen war es wiedermal nicht möglich sich untereinander abzusprechen und eine einzige Wahlliste aufzustellen. Und sich, auch nur zum Schein, mit einer estnischen Partei zu konsolidieren, darüber konnte keine Rede sein. Persönliche und parteiliche Ambitionen (die öfters zu gegenseitigen Ultimatums führten) nahmen überhand. So sind die Vertreter der russischen Gemeinde (mit der Ausnahme von einigen Leuten, die Mitglieder der estnischen Parteien sind) weder im lokalen, noch im europäischen Parlamenten vertreten. In der Zeit, in der die Russen wollen, dass man sie "nicht stört", bauen die Esten Dominierung in politischen und wirtschaftlichen Domänen aus.

In Lettland kann man umgekehrt über den "Triumph der Russen" bei den Wahlen in das Europäische Parlament sprechen. Nach Brüssel fahren gleich drei Kandidaten von zwei russisch-sprachigen Vereinigungen: "Harmoniezentrum" und "Für Menschenrechte in vereinigtem Lettland". Und bei den Wahlen in die Rigaer Duma hat die Vereinigung "Harmoniezentrum" die Führung übernommen, deren traditionelle Wählerschaft "Russische Letten" sind. Den Bürgermeisterposten von Riga wird der Vorsitzender der Vereinigung, ein ethnischer Russe Nil Uschakov einnehmen. Die Experten haben diese Tendenz als "der russische Umsturz in Lettland" bezeichnet.

In Litauen hat einen der Mandate ins Europäische Parlament der Vorsitzende der Arbeitspartei, ethnischer Russe Viktor Usspaskih bekommen. Doch hat dieser Politiker und Businessmen nichts mit der russischen Wählerschaft zu tun. Er spricht litauisch mit Akzent, versteckt seine russischen Wurzeln nicht und achtet die kulturellen Traditionen, doch positioniert er sich als "echter russischer Litauer". Diese Fakten zeigen nicht nur den Level der inneren Integration der Russen in das politische Leben ihrer Länder, doch auch den Level der inneren Konsolidierung.

In Lettland konnte die russische Wählerschaft sich für die Unterstützung ihrer Kandidaten vereinen und bedeutende Erfolge erzielen. In Estland ist der Level der Zersplitterung derart gross, dass selbst die Wahlen nicht die verschiedenen russischen Vereinigungen des Landes befrieden konnten. Und in Litauen gibt es nicht mal eine ernsthafte Partei oder politischen Figur, die die Interessen der russisch-sprachigen Bevölkerung vertreten würde. In Estland leben Russen und Esten in "parallelen Welten", deshalb gibt es zwischen ihnen keine politische Konkurrenz. Umgekehrt schafft die Tatsache, dass die Russen in ihrer Welt untereinander konkurrieren, die Zersplitterung der Gemeinde.

In Lettland leben die Russen und die Letten in einer sozial-politischen Gemeinschaft. Doch haben auch ethnische Russen hier viele Probleme, wie Ausbildung in russischen Sprache in den Schulen, Möglichkeiten einer Karriere, Erlangung der Staatsangehörigkeit usw. Sie begreifen, dass diese Probleme gelöst werden können, wenn man an dem politisch-sozialem Leben des Landes aktiv teilnimmt. Dabei reden in Privatgesprächen die "russischen Rigaer" öfters über die stille Diskriminierung zu ihnen. Für sie ist praktisch der Weg zum Beruf als Arzt, Feuerwehrmann, Polizist, Lehrer an einer Hochschule, Kindergärtnerin usw. versperrt. In Litauen ist der Level der Integration der Russen derartig hoch, dass sie keine Notwendigkeit in einer politischen Vereinigung sehen. Der Staat hat ihnen alle Möglichkeiten eingeräumt, um vollwertiger Mitglied in litauischen Gesellschaft zu werden - die "Nullvariante" (also ohne Vorbedingungen Anm. des Übersetzers) der Erlangung der Staatsbürgerschaft, Bewahrung der russischen Schulen, staatliche Unterstützung der gesellschaftlichen Vereinigungen, Loyalität der Massenmedien zu den Russen usw. Deswegen ziehen sie es vor nicht aus ihrer ethnischen Angehörigkeit zu wählen, sondern aus ideologischen Bevorzugungen.

Die Vorsitzende und Mitglieder der russischen Vereinigungen in Litauen beschweren sich oft über die Zersplitterung der "lokalen Russen" und "nicht adäquaten Blick" auf sie aus Russland. Auf die Frage wie sie die Nichtadäquität zeigt, antworten sie: "Wir fühlen uns nicht als entrechtetes Opfer". Sie bitten Russland nicht um Geld, um die Arbeit oder Aufnahme der Flüchtlinge - sie brauchen eher eine moralische Unterstützung. So wie eine vereinfachte Ausgabe des Visums (laut Statistik waren 40 Prozent der "litauischen Russen" noch nie in ihrer historischen Heimat), Hilfe bei der Organisation von Tourneen der Theater und Sänger aus Russland.

- Laden sie uns zu sich ein in Russland zu lernen, Berufspraxis zu bekommen. Seit offen nicht mit Wörtern, sondern mit Taten, - sagen heute litauischen Russen.

Dienstag, Juli 21, 2009

Gemeinsamer Tag des Gedenkens an Opfer des Nazismus und Kommunismus?

12 Juli 2009
Efraim Zuroff, THE JERUSALEM POST

Obwohl es schwer zu glauben ist, ist es durchaus möglich, dass in einigen Jahren in Europa es keinen eigenen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts geben wird. Stattdessen werden die Europäer den 23. August im Kalender ankreiden als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nazismus und Kommunismus.

An diesem Tag wurde der Molotov-Ribbentrop Vertrag unterzeichnet - ein Nichtangriffspakt zwischen dem nazistischem Deutschland und der Sowjetunion, der den Weg zum Angriff auf Polen durch die beiden Länder eröffnet hat.

Wenn man das erhöhte Interesse zum Holocaust in den letzten 10 Jahren berücksichtigt, erscheint solch eine Vermutung nicht sehr wahrscheinlich. Doch eine Campagne zur Gleichstellung von Kommunismus und Nazismus nimmt erschreckende Ausmasse in Litauen, Lettland und Estland an, auch mit der Unterstützung der anderen Länder des postkommunistischen Lagers. Und diese Neuerung wird vielleicht nur eines der vielen widersprüchlichen Änderungen in der Sicht der Europäer auf die Vernichtung der jüdischen Gemeinde auf dem Kontinent sein.

Die größte Sorge ist eine andere: eine praktisch komplette Uninformiertheit und Apathie Israels und jüdischen Gemeinschaft als Antwort auf diese Campagne, ungeachtet dessen, dass sie schon im Laufe des letzten Jahrzehnts durchgeführt wurde und in der letzten Zeit sich ganz alarmierende Ergebnisse zeigen. Zum Beispiel hat letzte Woche die Parlamentarische Versammlung der OSZE auf einer Sitzung in Vilnus (Litauen) eine Resolution zur Installierung des 23. August als Gedenktag der Opfer des Kommunismus und Nazismus verabschiedet, dabei haben nur Russland und einige europäische Kommunisten "gegen" gestimmt.

Die Wahrheit besteht darin, dass schon vom Moment der Wiedererrichtung der Unabhängigkeit Baltikums an, sind wir zu etwas ähnlichem verdammt worden. Vom Jahr 1991 an haben wir auf den Treffen mit den Regierungen der baltischen Staaten gefordert die Tatsache anzuerkennen, dass Balten aktiv mit Nazisten zusammengewirkt und an den von Nazisten ausgeführten Verbrechen mitgewirkt haben, wir haben gefordert die örtlichen Nazisten - Kriegsverbrecher zu bestrafen und die Schulbücher umzuschreiben, so dass sie das obengenannte beinhalten würden. Doch haben unsere Gesprächspartner als Antwort jedes Mal den Fokus der Diskussion auf eigene Verluste während der Okkupationszeit und die Rolle der jüdischen Kommunisten an den sowjetischen Verbrechen ausgerichtet.

Deswegen ist es überhaupt nicht verwunderlich, dass die Regierungen der baltischen Länder den Beschluss gefasst haben, Kommissionen zur Erforschung der Verbrechen gegen Baltikum in Jahren der Okkupation einzusetzen, sie beharrten, trotz der Proteste seitens des Wiesenthal-Zentrums und anderen Organisationen, an der gemeinsamen Erforschung der lokalen Verbrechen des Holocausts und der Verbrechen des Kommunismus.

Aus dieser Serie auch die regelmäßige Wiederholung der Behauptung durch die baltischen Leader über den genoziden Charakter der Verbrechen des Kommunismus, die historisch falsch ist. Ich werde niemals das Treffen mit Vitaus Landsbergis anfang der Neunziger in Vilnus vergessen - damals war er das Staatsoberhaupt - als er als Antwort auf das von mir geschenktes Buch über die Erforschung des Holocausts, mir ein anderes Buch geschenkt hat - über die massenhafte Aussiedlung der Litauer nach Sibirien, dabei sprach er darüber, als über "unseren Holocaust".

Dazu kommt das völlige Versagen Baltikums bei der Versuchen die Helfer zu Nazisten für ihre Verbrechen während des Krieges zu bestrafen, Versuch die Schuld für das Morden ausschliesslich auf die Deutschen und Österreicher umzulegen, Gründung der Museen des Holocausts und der Okkupation, wo die lokalen Verbrechen des Holocausts und die Zusammenarbeit mit Nazis völlig ignoriert werden. Das Bild wird klar.

Vor circa zwei Jahren, durch das völlige Versagen der EU, USA, Israels und Jüdischen Weltgemeinschaft in ihren Versuchen Baltikum zur Verantwortung für zahlreiche Fehler in Fragen zum Holocausts (Verfolgung, Restitution, Dokumentation usw.) zu ziehen, ermutigt, haben diese Regierungen eine Campagne zur Erschaffung einer offiziell anerkannten Symmetrie zwischen Kommunismus und Nazismus gestartet.

Der erste bedeutungsvolle Erfolg kam am 3. Juni 2008 - als Ergebnis der Konferenz "Europäisches Bewusstsein und Kommunismus" haben Vazlav Havel und anderen Mitglieder des Europäischen Parlaments die Prager Erklärung unterzeichnet. In diesem Dokument wird die Forderung gestellt, den 23. August als den offiziellen Gedenktag der Opfer des Nazismus und Kommunismus zu etablieren, "ähnlich dem, wie Europa die Opfer des Holocausts am 27. Januar gedenkt" und ein "Institut des Europäischen Gedächtnisses und Bewusstseins" zu erschaffen, der als Museum, Forschung- und Bildungszentrum auf dem Gebiet der obengenannten Verbrechen tätig sein soll.

Die Begründung für diese Beschlüsse spricht über "bedeutende Ähnlichkeiten zwischen Nazismus und Kommunismus" und warnt, dass Europa sich nicht vereinen könne, wenn es nicht ihre Geschichte vereint und Nazismus und Kommunismus als gemeinsames Erbe betrachtet".

Man kann mit den Opfern des Kommunismus mitfühlen und ihren Wunsch verstehen, sie als solche anzuerkennen. Doch ist die obenbeschriebene Begründung bei weitem nicht so harmlos - hier sieht man klar den Versuch Holocaust als einzigartige historische Tragödie umzuinterpretieren und es als relative Erscheinung darzustellen, die Aufmerksamkeit von breitangelegter Kollaboration und Zusammenarbeit der Balten mit den Nazisten abzulenken und völliges Versagen aller Regierungen von der Zeit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit an, eine adäquate Lösung der Fragen zu diesem Thema zu finden.

Am 23. September 2008 haben mehr als vierhundert Mitglieder des Europäischen Parlaments eine Deklaration unterschrieben als Unterstützung zur Erklärung des 23. Augusts als "Gedenktag der Opfer des Nazismus und Kommunismus", am 2. April 2009 wurde eine Deklaration, die ähnlich der Prager Erklärung ist, vom Europäischen Parlament mit dem Abstimmungsergebnis 533-44 mit 33 Enthaltungen angenommen. Doch vor einem Monat, als ich die Frage den Mitgliedern des Israelischen Globalen Forums über Antisemitismus gestellt habe, ob sie über die Prager Erklärung was gehört haben, hat keiner eine positive Antwort gegeben.

Es wird klar, dass die Zeit gekommen ist, eine erhöhte Aufmerksamkeit dieser gefährlichen Campagne zu widmen, die hauptsächlich von Kräften in Litauen, Lettland und Estland durchgeführt wird, die darauf gerichtet ist, die Schuld für Holocaust von sich zu weisen und die Einzigartigkeit des historischen Ereignisses des Genozids an den Juden in der Periode des Zweiten Weltkriegs abzuerkennen. Sonst werden wir bald mit Verleugnung der zahlreichen wichtigsten Erkenntnisse des letzten Jahrzehnts auf dem Gebiet der Aufklärung und Achtung des Gedenkens der Opfer des Holocausts zu tun haben, und auch in den schweren Kampf gegen die neue verzerrte Geschichte des Zweiten Weltkriegs treten müssen.

Samstag, Juli 11, 2009

Anno 1989

Es ist sauere Gurkenzeit in Estland, die Wirtschaftskrise ist durchgekaut und schmeckt immer noch nicht, deswegen heute ein kleiner Blick in nicht so ferne Vergangenheit, genauergesagt 20 Jahre zurück. Auf www.baltija.ee wurden einige Zahlen aus dem Almanach "Vokswirtschaft in UdSSR in 1989" veröffentlicht, die ich hier wiedergeben möchte. Natürlich bin ich mir bewusst, dass trotz Perestroika und Glasnost die Zahlen mit Vorsicht zu geniessen sind und ich möchte auch nicht den Eindruck erwecken, dass ich dieser Zeit nachtrauere, aber zumindest werden einige Legenden über diese Zeit widerlegt, die von Leuten erzählt werden, die während dieser Periode in Estland gar nicht gelebt haben alá "man konnte sich mit dem Arzt nicht auf Estnisch unterhalten" © by Ilves, "die estnische Sprache war am Sterben", "die Esten haben im eigenen Land nichts zu sagen gehabt". Zum Vergleich zu der heutigen Situation füge ich in Klammern die Zahlen aus World Factbook an. Da ich nicht alle Daten für 2009 gefunden habe, bitte ich die Leser mir Ergänzungen oder Korrekturen zu schicken. Nun fangen wir an:

Bevölkerungsanzahl1: 1 573 000 Personen (1 299 371 Personen)
Anzahl der Männer 735 000 Personen (593 050 Personen)
Anzahl der Frauen 838 000 Personen (706 321 Personen)
Bevölkerung von Tallinn 505 000 Personen (403 505 Personen)
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Laut Volkszählung 1989 haben 1,27 Mio Leute mit der estnischen Nationalität in UdSSR gelebt.
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Anzahl der Familien in ESSR 427 000
Mittlere Mitgliederanzahl in einer Familie 3,1 Personen
Anzahl der Geborenen pro 1000 Einwohner 15,4 Geborene (10,37 Geborenen)
Anzahl der Verstorbenen pro 1000 Einwohner 11,7 Verstorbene (13,35 Verstorbene)
Natürlicher Zuwachs pro 1000 Einwohner 3,7 Personen (-2,98 Personen, Bevölkerungsrückgand in Estland ist 2009 -0.63%, was Platz 230 von 234 Ländern bedeutet)
Anzahl der Neugeborenen, die bei der Geburt oder im ersten Lebensjahr verstorben sind gerechnet auf 1000 Neugeborenen:
14,7 Verstorbene (7.32 Verstorbene)
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Durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt:

Gesamtbevölkerung 70,6 Jahre (72,82 Jahre)
Männer 65,8 Jahre (67,45 Jahre)
Frauen 75,0 Jahre (78,53 Jahre)
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Mittlere Wohnfläche pro Kopf in m²

UdSSR 16,8
Estnische SSR 25,9 (die höchste in UdSSR)
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Anzahl der Arbeiter und Angestellten 675 000 Personen (686 000 Personen)

Davon Frauen 55%
Davon mit Hochschulausbildung 127 100 Personen
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Anteil der estnischen Führungskräfte, die in der Produktionszweigen der Volkswirtschaft tätig waren: 82,2%
Anteil der Esten an der Gesamtbevölkerung 61,5% (67,9%)
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Durchschnittlicher Gehalt Arbeiter und Angestellten (kein Vergleich mit 2009 möglich, da keine Aussage über Kaufkraft)

UdSSR 240,4 Rubel
ESSR 270,1 Rubel (der höchste in ganz UdSSR)
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Durchschnittlicher Monatsgehalt der Arbeiter in Sovchosen (kein Vergleich mit 2009 möglich, da keine Aussage über Kaufkraft)

UdSSR 235,8 Rubel
ESSR 300,9 Rubel
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Durchschnittler Monatsgehalt der Bauern in Kolchosen (kein Vergleich mit 2009 möglich, da keine Aussage über Kaufkraft)

UdSSR 200,8 Rubel
ESSR 317,6 Rubel
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Anzahl der Rentner in ESSR, gesamt 378 000 Personen
Davon aufgrund des Alters 287 000 Personen
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Gerechnet auf die Gesamtbevölkerung haben folgender Prozentsatz an Bevölkerung ein Einkommen über 200 Rubel

UdSSR 21,8%
ESSR 41,4%
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Durchschnittliche Anlage auf dem Sparbuch
UdSSR 1624 Rubel
ESSR 2039 Rubel
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Umsatz des staatlichen und privaten Handels pro Person
UdSSR 1406 Rubel
ESSR 2164 Rubel
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Verkauf von alkoholischen Getraenken pro Person im reinen Alkohol
UdSSR 4,4 Liter
ESSR 6,8 Liter
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In der Periode vom 1975-1989 wurden in der ESSR 104 Gesamtschulen gebaut

1989 wurden in ESSR 2070 Bücher und Broschüren verlegt mit der Gesamtauflage von 18,3 Mio Stück, davon in estnischen Sprache 1316 Bücher mit der Gesamtauflage von 13,3 Mio.

1989 wurden in Estland 161 Zeitschriften und andere Periodikas herausgegeben
Davon in estnischen Sprache 116, in Gesamtauflage von 32,5 Mio

1989 wurden in Estland 111 Zeitungen herausgeben, davon 75 in estnischen Sprache mit der Gesamtauflage 284 Mio.
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Es wurden in Estland produziert:
Elektrische Energie 1989 17,6 Mlrd. Kilowatt/Stunden (12.16 Mlrd Kilowatt/Stunden)
Stahl 11,1 Tausend Tonnen
Sägeholz (1986) 708 000 m³
Papier 92 000 Tonnen
Zement 1 129 000 Tonnen

Konsumwaren

Stoffe 235 Mio m²
Bekleidung 23,6 Mio Teile
Socken und Strümpfe 17,0 Mio Paar
Schuhe 7,1 Mio Paar
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Folgende Fläche wurde 1989 für Getreideanbau in Estland benutzt: 926 Tausend ha
Insgesamt wurden 1989 in ESSR 1 000 000 Tonnen an Getreide geerntet
Pro ha war der Ertrag 24,4 Zentner
Es wurden 864 Tausend Tonnen Kartofel geerntet
Es wuden 144 Tausend Tonnen Gemüse geerntet

1989 gab es in Estland 800 000 Einheiten Vieh, davon 300 000 Kühe
Zum 1. Januar 1989 gab es 1 100 000 Schweine
Schafe und Ziegen: 100 000
Vögel: 6 900 000
Pferde: 9 000
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1989 wurden in Estland erzeugt:

Fleisch 229 000 Tonnen
Milch 1 277 000 Tonnen
Eier 600 Mio Stück
Wolle 200 000 Tonnen
Tierisches Öl 187 000 Tonnen
Konserven 355 Millionen Stück
Eine Kuh hat 4198 kg Milch erzeugt
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1989 wurden 7,2 Tausend ha Wald neu bepflanzt.
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Im Blog von Stalnuhhin wurden folgende Entwicklung der estnischen Landwirtschaft aufgezeigt:


Anzahl der Farmen

Anzahl der Farmen mit Nutztieren

2001

55 748

32 362

2003

36 859

22 776

2005

27 747

18 417

2007

23 336

13 793




Vieh (in Klammern Melkkühe)

Schweine

Schafe

1987

800 000 (300 000)

1 100 000

100 000

2001

280 237 (127 969)

328 920

43 775

2003

274 211 (119 805)

356 899

46 892

2005

261 226 (115 230)

355 242

65 592

2007

253 230 (107 844)

369 735

83 179




Anzahl der Tätigen in der Landwirtschaft

2001

140 643

2003

107 953

2005

90 849

2007

73 343



Als ich diese Zahlen mir durchgeschaut habe, fielen mir zwei Gedanken ein:

- Der Traum eins der 5 reichsten Länder in der EU zu sein, stammt noch aus der Sowjetzeit, als Estland durchaus eins der 5 reichsten Republiken der Sowjetunion war
- R.I.P estnische Landwirtschaft