Sonntag, Februar 12, 2006

Polemik zur Auflösung der Bundesrepublik Deutschland

Warum die Bundesrepublik Deutschland aufgelöst werden muss

wenn wir uns an die letzten Bundestagswahlen errinnern, da gab es ein Wahlspruch, der wahrscheinlich recht viel Kopfschütteln ausgelöst hat, der von der Bayernpartei. Der Spruch war: "Wenn wir schon sparen, dann sparen wir uns doch Berlin". Jeder jenseits des Weißwurstäquators denkt sofort, die spinnen die Bayern, am liebsten hätten sie ihren König wieder. Aber ist die Forderung nach der Auflösung der Bundesrepublik so unberechtigt?

Spätestens nach den Napoleonischen Kriegen wurde klar, dass die Zeit der starken Nationalstaaten gekommen ist, die kleinen Staaten konnten sich nicht gegen die grossen aggressiven Nachbarn durchsetzen, so dass nur in der Vereinigung der kleinen Ländern eine Chance zur Bildung eines Gegengewichts bestand. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Welt in drei grosse Blöcke geteilt, allerdings hatten die grossen Staaten wie Deutschland oder Frankreich immer noch ein grosses Gewicht und waren unersetzbar. Die Wiedervereinigung stärkte noch Deutschlands Rolle in der Welt und unterstrich seine Führungsposition in Europa. Allerdings haben sich in den letzten 15 Jahren die Bedingungen entscheidend verändert. Die Institution der Europäischen Union hat eine rapide größere Rolle übernommen, immer mehr Aufgaben, die früher klar in die Verantwortung der Länderregierungen lagen, wurden für den Zweck der Harmonisierung an die europäischen Institution abgegeben. Immer öfters profilieren sich insbesondere die deutschen Politiker damit, dass es nicht in ihrer Macht ist, die Gesetze zu ändern, da Brüssel es so vorgeschrieben hat. Die Frage, die sich nun stellt, warum braucht man denn überhaupt Politiker, wenn sie keine Macht haben und nur Ausführungsgehilfen sind, die auch noch gegen die Vorgaben, die sie ausführen müssen, protestieren?

Die Europäische Union ist ein politisch-ökonomisch-militärischer Block, der notwendig ist, um den einzelnen Ländern mehr Mitspracherecht im Weltgeschehen einräumen soll. Im Prozess der Globalisierung ist selbst ein Land wie Deutschland nicht fähig eigene Position zu verteidigen oder zu seinen Gunsten zu intervenieren. Nur ein politisches Schwergewicht, wie ein vereintes Europa ist noch in der Lage auf der Weltbühne mit einer starken Stimme zu sprechen, die auch gehört wird. Deswegen die Frage, braucht man denn die Bundesrepublik überhaupt noch, oder soll die der deutschen Regierung verbliebene Macht nicht gleich zwischen den europäischen Institutionen und den einzelnen Ländern aufgeteilt werden?

Was für Vorteile hätten denn die kleineren Länder gegenüber dem größten Staat in Europa? Es zeigt sich, dass die Größe nicht unbedingt ein Vorteil sein muss. Wenn wir uns die kleineren europäischen Länder wie die Benelux-Länder, Estland, Irland, Österreich ansehen, zeigt sich, dass diese Länder momentan wirtschaftlich besser dastehen, als die großen Flächenstaaten. Sie können viel flexibler auf die schnell ändernden Herausforderungen reagieren, die Fehler schneller korrigieren und sind experementierfreudiger. Die Bevölkerung ist homogener, es müssen nicht so viele Einzelinteressen befriedigt werden. Die Unterschiede zwischen zwei österreichischen Bundesländern sind sicherlich geringer, als zwischen Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. Deutschland muss aber eine einheitliche Wirtschaftspolitik für beide Bundesländer durchführen, one size fits all muss gelten, was nicht klappen kann, da die Probleme der beiden Länder viel zu verschieden sind, man vergleiche nur die Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaftswachstum und Arbeitslosenstatistiken. Wären die beiden Länder unabhängig voneinander, aber unter europäischen Dach vereint, könnte jedes Land viel spezifischer auf seine Probleme eingehen und sie lösen.

Wenn wir sparen müssen, dann sparen wir uns Berlin. Wieviel Overhead leisten wir uns eigentlich, was die anderen Länder nicht nötig haben? 17 Legislativen und Bundesrat dazu, die sich auch noch gegenseitig blockieren, 17 Exekutiven mit jeweils ca. 12 Ministern und Ministerien, 17 Judikativen, 17 Hauptstädte. Unter diesem Standpunkt ist es natürlich verlockend gleich 16 Länder einzusparen, aber aus den obergenannten Gründen, wäre es wünschenswert nicht ein einziges grosses Land zu haben, sondern 10-12 Länder (Stadtstaaten müssten in diesem Szenario mit größeren Ländern fusionieren). Länderfinanzausgleich und Solidaritätszuschlag würden wegfallen, bzw. durch europäische Beihilfen ersetzt. Kompetenzgerangel in Finanz-, Bildungs-, Ökologie- und anderen Fragen würden sich auf einen Schlag lösen.

Es gibt auch andere Faktoren, die für eine Auflösung Deutschlands sprechen. Das Identitätsgefühl der Bürger mit dem eigenen Land wird gestärkt, die Politik wird wieder näher an die Bürger gebracht, viele Entscheidungen nicht im fernen Berlin, sondern im nahen Wiesbaden, Kiel, oder Magdeburg gefällt. Es gibt immer noch genug Vorurteile gegenüber "dem Deutschen" im Ausland, die deutsche Geschichte ist nicht die ruhmreichste, viel weniger negative Assoziationen wecken die Begriffe "der Sachse", oder "der Bayer" und niemand nimmt sich ein Anstoss an der schwarz-gelben badischen Fahne. Es gibt jetzt schon genügend Bürger, die nach ihrer Hauptstadt gefragt eher "München" oder "Stuttgart" als "Berlin" sagen.

Die jüngsten Wahlen haben keine stabile Mehrheit gebracht und es gibt keine Anzeichen, dass sich das ändern wird. Parteien, die austauschbare Politik machen, können immer Bevölkerungsgruppen an sich ziehen, die es früher für nicht möglich hielten diese Partei zu wählen, genauso schnell kann diese Bevölkerungsgruppe wieder verlorengehen. Dies bedeutet, dass zwei ausreichend starke Parteien mit leicht unterschiedlichen Konzepten um unterschiedliche Bevölkerungsgruppen kämpfen. Da die Parteien etwa gleiche Konzepte haben haben sie gleich starke Anziehungskraft, also entsteht regelmäßig eine Pattsituation. Diejenige Bevölkerungsgruppen, die nicht von den „Volksparteien“ angezogen wurden, werden von den kleinen Parteien bedient, was die Unübersichtlichkeit noch steigert. Die Zeit der stabilen Mehrheiten ist vorbei. Für ein grosses Land wie Deutschland ist unstabile Regierung eine Katastrophe, nicht nur für die innere Politik, sondern auch als Signal nach aussen. Wer interessiert dagegen, welche Koalition gerade in Litauen vorherrscht. Die Abschaffung der Bundesregierung hätte einen erheblichen Stabilitätsfaktor in die europäische Politik zurückgebracht, so dass die europäischen Institutionen weniger Rücksicht auf die starken Nationalstaaten und ihre innere Probleme nehmen müssten.

Das Ziel vom vereinten Europa ist ein Europa der Regionen. Es ist eine klare Kompetenzverteilung zwischen den Regionen und den europäischen Institutionen. Nicht nur Deutschland hat Probleme mit Regionen, Spaniens Katalanien und Baskenland, Korsika in Frankreich, Wales, Schottland und Nordirland in Großbritannien. Die Begriffe wie Deutschland, Großbritannien, Spanien sind als kulturelle, historische und geografische Begriffe vorstellbar, aber nicht als politische oder wirtschaftspolitische.

Es bestehen Befürchtungen, dass die einzelnen Länder an politischem Gewicht verlieren, aber selbst nach der Auflösung würde Bayern sechsgrößtes Land in der EU bleiben. Es wären lose Bündnisse in den europäischen Institutionen vorstellbar, um gegenüber anderen Ländern seine Interessen durchsetzen zu können, allerdings könnten diese Bündnisse aus den Nordländern und Dänemark bestehen, oder Baden-Württemberg, Bayern und Österreich, also geografisch verteilt. Die Befürchtung, dass ein EU-Gebilde aus so vielen Staaten, also Einzelinteressen irgendwann unregierbar wird, wird von 53-Staaten Gebilde wie die USA widerlegt und die Idee von den Vereinten Staaten von Europa ist nicht so weit entfernt, wie mancher es sich wünschen würde. Die Fragen nach dem gemeinsamen Militär, Geheimdienst, Kriminalamt, Gerichtshof, Finanz- und und Aussenpolitik werden von den entsprechenden europäischen Initiativen demnächst beantwortet.

Wie man sieht, ist die Idee von der Auflösung der Bundesrepublik Deutschland viel nahliegender als zuvor vermutet. Die Bayern-Partei geht leider nicht weit genug mit ihren Forderungen. Es wäre wünschenswert wenn in jedem Bundesland eine ähnliche Partei sich gründen würde, deren gemeinsames Ziel die Unabhängigkeit unter einem gemeinsamen europäischem Dach wäre.

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